Land 5 / Reisetag 27

Am frühen Morgen bestiegen wir abermals das Boot, welches uns wieder ans Festland brachte. Da meine Gruppe zu den letzten gehörten, die einstiegen, gingen wir davon aus, dass die anderen bereits auf dem oberen Deck waren. Jedoch war keiner da, als wir die Leiter hochstiegen. So hatten wir das Deck wieder für uns alleine. Weil die Sonne bereits niederbrannte, verzichteten wir dieses Mal auf das Sonnenbaden auf dem Dach der Brücke, sondern machten uns mit den Matten im Schatten breit, nachdem uns Jenny eine spontane Yogalektion gegeben hatte. Es war ziemlich schwierig auf einem Bein zustehen, während die Wellen das Boot zum Schaukeln brachten. Aber es war eine ganz tolle Erfahrung und ich finde, das hätte Marktpotenzial! 

Auf dem Festland liefen wir wieder über den Abfallberg zur Strasse und mussten kurz nach dem Bus suchen. Wir brauchten nich lange, bis wir unser ganzes Gepäck verstaut hatten und auf unseren Plätzen sassen. Ich setzte sogleich meine Kopfhörer auf und legte die Reisedecke über mich, weil sie es mit dem Ventilator immer so dermassen übertrieben, dass es ziemlich rasch kalt wurde. Nach Absprache der Gruppe hielten wir alle paar Stunden für einen Klobesuch und auf der Hälfte des Weges für ein spätes Frühstück oder frühes Mittagessen. Wir hielten an der gleichen Raststätte wie zwei Tage zuvor auf dem Hinweg. Dieses Mal bestellte ich mir aber statt einer Suppe das Clubsandwich. War auch lecker. 

Dann ging die Fahrt weiter und irgendwann bogen wir auf eine leicht holperige Strasse ab und der Dschungel wich zuerst ein paar Häusern und wurde schliesslich links und rechts von Mangobäumen abgelöst. Wir passierten ein Resort. Dann hielten wir neben einer Frau, die auf einem Motorrad sass und uns bedeutete, ihr zu folgen. Sie bretterte uns voraus und bog dann auf einen grösseren Hof ab. Der Bus musste die zweite Einfahrt nehmen, weil die erste voller Schlamm war und das Risiko zu gross, dass er stecken blieb. Wir stiegen alle aus und wurden auf 3 Häuser aufgeteilt. Ein paar der anderen liessen ihr Gepäck im Bus, weil wir noch früher als sonst schon am nächsten Tag werden aufstehen müssen. Ich nahm der Gewohnheit halber alles mit, obwohl mir mein Unterbewusstsein sagte, ich solle es doch ebenfalls im Bus lassen. Auch das stellte sich später als grossen Fehler heraus. Ich werde wohl nie lernen, auf meinen Bauch zu hören. Wir folgten einer Einheimischen, die uns zu unserem Haus brachte. Es war unsere Homestaynacht und die Hausbesitzer schliefen für diese Nacht in einem Stall unterhalb des Hauses, welche sonst auf Stelzen stand. Während der grosse Raum 6 Betten beinhaltete, gab es noch ein kleines Zimmer mit einem einzelnen Bett. Weil ich wusste, dass es ja bereits zweier Grüppchen hatte und diese sicher miteinander das Zimmer teilen wollten, bezog ich das einzelne Bett. Wir hatten gerade genug Zeit, um unsere Sachen aufs Zimmer zu bringen bevor wir wieder runter mussten zum Treffpunkt. 

Der Bus hatte mittlerweile umgeparkt und an seiner Stelle standen nun zwei kleine Traktoren mit einem langen Anhänger aus Holz. Auf diesen lagen mehrere Palmmatten. Ich setzte mich auf den Anhänger des hinteren Traktors und zog die Schuhe aus. So konnte ich die Füsse hochziehen und bequemer sitzen. Die Gruppe teilte sich auf und so sassen wir dann bald alle eng beisammen. Und schon ging die Fahrt los. Ich fand es grossartig! Wir haben links und rechts allen Leuten zugewinkt und die Kinder hatten viel Spass. Wir mussten zwar langsam fahren, vor allem weil er den Schlaglöchern jeweils ausweichen musste, aber es war trotzdem toll. Nach etwa einer halben Stunde kamen wir an eine Schlucht. Die lief dann durch ein Flussbett, welches im Moment noch nicht so viel Wasser führte. Damit der Traktor auf der anderen Seite wieder hochkam, mussten wir alle absteigen und ihn hochschieben! Oben angelangt sprangen wir wieder auf und fuhren weiter. Derweil überholte uns ein anderer Traktor, welcher ca. 20 Leute auf dem Anhänger hatte!

Kurz vor dem Ziel fing es an zu regnen. War ja klar! Und ich hatte nur mein Hanfkleid an und die FlipFlops, sonst nichts dabei. Die einen holten ihre Regenschirme raus, doch das brachte mir nichts, weil die nicht genug Platz boten und am Rand auf mich runtertropften. Wir hielten an und sahen, wie die anderen alle eng beieinander standen und Schutz unter ein paar wenigen Schirmen suchten. Ich krempelte mein Kleid hoch und rannte zu den anderen. Dann rannte ich durch die Dschungelwüste, an Metertiefen Löchern vorbei unter einen kleinen Bambusunterstand. Die Welt ging bereits unter und es regnete in Strömen. Wir pressten uns alle unter das kleine Dach und waren trotzdem schon bis auf die Knochen nass. Bei den Erdlöchern lief das Wasser wie ein Wasserfall die Wände hinab. Ich war etwas frustriert. Waren wir doch jetzt beim Cambodschanischen Grand Canyon und den wollte ich doch anschauen! Es blitzte und donnerte. Eine der kanadischen Girls verliess den Unterstand und rauchte seelenruhig eine im strömenden Regen. Ihre Freundin lief einfach barfuss durchs Nass und machte Fotos. Die anderen bei mir fingen an, ein paar Lieder zu singen und kuschelten sich aneinander. Das Gewitter wurde zunehmend stärker und kam näher. Das Wasser kam mir mittlerweile bis zum Knöchel und Regenwürmer krochen zwischen meinen Füssen durchs Nass Richtung Abgrund hinter mir, ausserhalb des Standes. Meine Füsse steckten bereits im Schlamm fest. Plötzlich wurde es taghell und unmittelbar darauf explodierte es! Ein Blitz hatte in der Nähe eingeschlagen. Mireya sprang vor Schreck wortwörtlich in die Luft und schrie auf. Alle schrieen auf vor Schreck. Ich schlug mir fast den Kopf an der Decke des Standes an. Wir fühlten uns überhaupt nicht mehr wohl und wollten nur noch nach Hause. Wir waren irgendwo im Nirgendwo und der Weltuntergang tobte um uns herum. Unser Guide meinte, dass er versuche den Bus zu organisieren, dass dieser aber nicht herkommen könne wegen der Schlucht. Irgendwann schaute ich mit Jenny auf ihrem Handy eine Folge von Mindhunter an. Was wollten wir auch sonst tun? Dann nahmen ein paar ihren Mut zusammen und liefen mit Regenschirm über einen Abgrund für wenigstens einen kleinen Eindruck und ein nasses Foto. Ich bekam ebenfalls einen Schirm und lief vorsichtig über die nasse Holzbrücke auf eine Steinsäule und schaute mich um. Aber da es immer noch in Strömen regnete, war die Sicht nicht überwältigend. Zurück beim Stand brachen alle auf und ich teilte mir den Schirm mit dem Guide. Auf dem Weg zurück verlor ich zuerst den einen FliFlop und dann den anderen im knöcheltiefen Schlamm. Der Guide musste mir helfen, damit ich nicht stürzte. Ich zog die von der nassen Erde rot gefärbten Schuhe aus und lief barfuss zur Strasse zurück. Dabei mussten wir aufpassen, nicht in eines der Löcher zu fallen oder auszurutschen. 

Endlich sass ich wieder auf dem Wagen und kuschelte mich an eine der Amerikanerinnen, welche einen Schirm hatte. Doch nach kurzer Zeit liess ich es bleiben, weil es so dermassen vom Schirm tropfte und der Regen von vorne kam, dass es gar nichts brachte. Es dunkelte bereits und unser Fahrer zog eine kleine Lampe heraus und versuchte den Weg zu beleuchten, während er gleichzeitig steuern musste. Ich nahm sie ihm ab und kniete hinter ihn. Mit weit hochgerecktem Arm leuchtete ich ihm den Weg. Da es so anstrengend war, musste ich den Arm jeweils wechseln, aber stets bemüht, dass es den Fahrer nicht ablenkte und er plötzlich im Dunkeln fuhr. Plötzlich glühte etwas neben mir auf. Es waren Glühwürmchen! Und sie waren überall! Ich zeigte sie den anderen und sagte, was es ist. Die meisten von ihnen hatten noch nie welche gesehen. Dann konzentrierte ich mich wieder auf die Strasse. Es wurde immer anstrengender, vor allem als Nebel von der nassen Strasse hochstieg. Dann fuhren wir auch noch durch einen kurvigen Wald. Als wir endlich beim Restaurant ankamen, war ich erschöpft. Der Bus stand auf dem Parkplatz und die, die ihr Gepäck in ihm gelassen hatten, konnten sich nun umziehen, während ich mein Kleid auswrang. Unser Guide holte seinen Koffer und gab uns ein paar Tücher, welche sich als traditionelle Röcke aus Myanmar entpuppten. Olivia zog einen sogar an. Jenny bekam ein Shirt von ihm und ich fror jämmerlich und wollte eigentlich nur ein heisses Bad und dann ein weiches Bett. Keiner der anderen mit Gepäck bot etwas den Leuten an. Das fand ich etwas egoistisch. Hätte ich Lucille hier, hätte ich Kleidung verteilt. Plötzlich kam unser Guide und gab mir einen weiteren Rock, den ich kurzerhand als Kleid umfunktionierte. Ich war froh, dass ich das nasse Hanfkleid ausziehen konnte. Da ich so müde war, vermochte ich auch nicht so viel zu essen, was uns unsere Gastfamilien auftischten. Zudem war mein Magen noch etwas sensibel seit dem Streetfoodtasting. 

Als wir dann in den Bus stiegen, war dieser anschliessend voller Matsch. Aber ich war froh, als ich dann meine warmen Trainingssachen im Zimmer anziehen konnte. Die anderen wollten sich Wall-E anschauen und ich ging rüber mit ein paar Snacks. Schlussendlich war ich die einzige, die den Film zu Ende sah, weil alle anderen bereits vorher schon eingeschlafen waren. Ich stellte den Laptop ab und verzog mich in mein Zimmer. Ich wusste, dass ich keinen Wecker brauchte, weil irgendeine sicher einen gestellt hatte und ich von diesem wach wurde. Aber es war soso kalt und ich fror sehr in dieser Nacht.

Seid ihr auch schon gespannt, wie es weiter geht? Dann schaut rein bei der nächsten Episode von: „Relchen’s Adventures“!

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