Auch heute konnte ich noch nicht gross etwas essen. Habe es aber trotzdem beim Frühstück versucht und ein paar Gabeln Rührei hinuntergewürgt. Mehr ging nicht.
Dann kam der Bus und unser heutiger Führer und holte uns ab für die Killing Fields. Das war ziemlich ernüchternd. Wir lernen ja gar nichts darüber in der Schweiz und als uns dann der Führer erklärte, dass sein Vater eines der Opfer war, hatten wir alle Tränen in den Augen. Es gab dort einen Gedenkturm mit über 8’000 Schädeln der Opfer und alle sind entsprechend gekennzeichnet mit Altersgruppe und wie sie getötet wurden. Dann läuft man zu zum Teil über die Gräber zwischen diesen durch und einmal stand ich auf Kleidern, welche der Regen gerade aus der Erde hochgeschwemmt hatte und diese nun darauf warteten, dass man sie rauszog und zu den anderen trug. Das war so surreal! Ich meine, die gehörten einem damaligen Opfer und ich stand drauf!! Dann zeigte uns unser Führer 3 spezielle Gräber. Eines davon war das grösste mit über 400 geborgenen Überresten, in einem anderen hatte es nur Überreste ohne Kopf und im dritten waren vor allem Kinder, Babys und Frauen, welche überwiegend nackt geborgen wurden. Dieses Grab stand direkt neben einem Baum, bei dem die Vietnamesen die Babys dagegen gedonnert haben, bis diese dann tot waren und die Mütter mussten meist zuschauen! Wie gestört ist das Bitteschön!? Wer mich kennt, weiss, wie empfindlich ich mit Gräueltaten gegenüber Kindern bin. Wir hatten dann etwas Zeit und durften selbständig etwas rumlaufen. Ich bin dann nochmals zwischen den Gräbern hindurch. Hatte einen riesen Kloss im Hals und habe all diesen Opfern gedacht. Es hat mir so unsagbar leitgetan.
Wir sind dann weiter und wieder in die Stadt. Dort haben wir das S-21 besucht. Das war ursprünglich eine Schule und wurde dann zu diesen Zeiten in ein Gefängnis umgebaut. Und das war dann auch ziemlich schwere Kost! Dort wurden die Insassen aufs Schlimmste gefoltert, zum Teil bis zu deren Tod. Aber eigentlich diente es als Sammelstelle für die Killing Fields, weil alle paar Wochen ein Lastwagen kam und die Insassen für dort abholte. Sie kamen anscheinend irgendwann gar nicht mehr nach mit Töten. Unser Führer hat erzählt, dass sein Vater sich für seine Familie geopfert hat, damit diese fliehen konnten. Da hatten wir natürlich auch wieder Tränen in den Augen. Und überall hatte es Fotos von den Insassen und teilweise auch solche von deren Tod. Das ging ziemlich an die Substanz. Auf dem Hof waren 3 Stände aufgebaut mit Überlebenden. Einen davon wollten wir nicht unterstützen, weil er andere verraten hat und somit mitverantwortlich ist an deren Tot, nur damit er überleben konnte. Dafür war Bou Meng total sympathisch. Er war der einzige, der es geschafft hat, über 2 Jahre im Gefängnis zu überleben, weil er Portraits vom Präsidenten malen musste. Ich kann mir nicht vorstellen, was der alles gesehen, mitgemacht und erlebt haben musste. Der letzte war damals ein kleiner Junge und hat sich mit seinem kleinen Bruder und ein paar anderen kleinen Kindern vor den Soldaten im Gefängnis versteckt, als diese flohen. Ansonsten hätten sie sie getötet. Das waren sehr eindrückliche Begegnungen. Anschliessend lief ich durch die Gebäude und habe in jede Zelle geschaut. Einige waren aus Holz, andere aus Stein gebaut, doch alle winzig und dunkel. In einigen konntest du sogar noch Blutflecken sehen. An einer Wand stand „We are leaving“ und da hatte ich Gänsehaut.
Zurück im Hotel mussten wir uns erstmal von diesen Eindrücken erholen und trafen uns alle im Pool. Wir haben sogar ein Herz performt und Musik gehört und es zusammen einfach friedlich gehabt.
Dann trafen wir uns alle in der Lobby und machten uns auf den Weg für den geplanten Streetfood Crawl. Während wir auf die Nachzügler warteten, holte unser Guide bereits die erste Speise bei einem Strassenhändler. Während die Franzosen eher die Schenkel essen, verspeisen die Cambodianer den ganzen Frosch, frittiert. Ich musste ein paar Mal schwer schlucken. Waren Frösche doch früher eines meiner Steckenpferde und Lieblingstiere. Und da hielt ich nun diesen frittierten Frosch in den Händen, sah ihn ungläubig an und wusste nicht so ganz, was ich tun sollte und vor allem wie ich ihn essen sollte. Da ich es nun wirklich nicht über mich brachte, eine kleines Bein oder sogar den Kopf zu essen, holte ich tief Luft und biss in den Oberschenkel. Es war knackig und lecker und schmeckte nach Hühnchen! Dann ging es weiter. Zum nächsten Stand. Dort hatte es Eier. Ich war gespannt. Doch als die Dame es öffnete, purzelte etwas komisches raus. Ich verstand nur die Hälfte von dem, was uns der Guide erklärte. Aber weil ich nur den Eidotter erkannte und die komische graue Masse daneben nicht, war ich unsicher. Die Dame gab etwas Salz darüber. Schliesslich verstand ich, dass wir jetzt dann gleich den Kükenembyro essen werden. Mein Magen wurde unruhig. Scheisse, dachte ich. Aber da muss ich jetzt durch. Vom Embryo werde ich garantiert nichts essen. Deshalb nahm ich was vom Dotter und erkannte im selben Augenblick, als ich es im Mund hatte, dass es sich hierbei ja um die Plazenta handeln musste. Okay, dachte ich. Das sollte okay sein, schliesslich essen gewisse Tierarten diese ebenfalls nach der Geburt. Der Geschmack ist dennoch seltsam zu beschreiben. Ich bin ja sonst schon nicht ein grosser Eiesser, ausser Spiegelei oder Rührei. Trotzdem werde ich in Zukunft die Eier mit anderen Augen sehen. Wir liefen weiter und kamen an einen weiteren Stand. Diese bot Schweinezungen, Hühnerköpfe, Ziegenhoden und sonstige Innereien an. Diesmal stimmte die Gruppe ab. Natürlich gab es Ziegenhoden. Die Herren der Gruppe verzogen sich in die hinterste Reihe und hielten Abstand. Die eine Engländerin und ich standen zuvorderst und sahen dem Verkäufer zu, wie er einen der Hoden vom Haken nahm und diesen mit einem Beil in Zwei teilte. Der Hoden fiel auseinander wie eine geteilte Kokosnuss. Im Innern war er weich, gräulich und erinnerte mich etwas an ein Gehirn. Dann kippte er eine bräunliche Sauce darüber und reichte uns die zwei Hälften auf einem Teller. Alle machten doofe Sprüche und doch traute sich keiner, als erster davon zu nehmen. Die Engländerin Jenny neben mir nahm all ihren Mut zusammen und mit einem „Fuck off!“ nahm sie eine Gabel voll. Ich eilte ihr zur Unterstützung, gönnte mir aber nur ein ganz kleines Bisschen. Es war breiig und schmeckte wie abgelaufene Streichwurst. Ich musste würgen, weil es mich irgendwie an Kutteln erinnerte und ich die so sehr hasse. Dann probierten noch ein paar andere. Aber keiner der Jungs. Wir liefen weiter und der Guide kaufte uns von der Dorian Frucht. Die stinkt vielleicht! Wie alte nasse Socken, schmecken tut sie nicht übel, die Konsistenz ist einfach etwas gewöhnungsbedürftig.
Wir machten beim berühmten Nachmarkt von Phnom Penh halt und dort durfte sich jeder sein Essen selber aussuchen. Ich holte mir den grössten Becher Zuckerrohrsaft, den ich finden konnte. Bei den gewählten Speisen hatte ich nicht so ein Händchen, aber es war auch okay so für mich. Ich war nach dem Zuckersaft sowieso ziemlich satt. Es fing dann an zu regnen. Seit ich in Cambodia war, gab es jeden Tag ein Gewitter, meistens abends, aber es war trotzdem etwas doof. Die Gruppe splittete sich auf. Die einen gingen Party machen, die jungen Briten wie meistens, andere suchten ein Spa auf, andere chillten und ich machte mich mit einer der Kanadierin auf den Weg zu einem ATM. Wir hatten aber erst beim dritten Glück. Jetzt weiss ich wenigstens, dass ich wirklich zu einem einer Bank gehen muss, damit es wirklich funktioniert. Danach suchten wir für uns ebenfalls ein Massagesalon. Wir wussten von unserem Guide, dass wir im Moment im Rotlichtviertel waren. Dennoch war es etwas befremdlich, als uns leicht bekleidete Frauen Massagen anboten. Ich würde es ja verstehen, wenn ein Mann bei uns gewesen wäre. Aber wir waren nur zwei Frauen. Wir liefen eine Seitenstrasse hinab. Dort sahen wir ein Schild, welches Massagen mit Blinden anbot und wir fragten nach. Das wollten wir schon lange ausprobieren, doch leider waren diese gerade ausgebucht. So liefen wir weiter und kamen an ein weitere Schild, dass ultra günstig Massagen anbot. Die Kanadierin wollte hinein. Ach, hätte ich doch da nur schon auf mein Bauchgefühl gehört! Ich folgte ihr. Mein Bauch wollte jedoch nicht. Ich ignorierte ihn. Kaum drinnen sprang eine Frau auf und begrüsste uns überschwänglich. Sie war halbseriös gekleidet, aber zu fest geschminkt. Riley fragte, ob sie Kapazitäten hätten für zwei Massagen. Jaja, natürlich. Wir folgten ihr einen schmalen Gang entlang. Da erkannte ich, dass in dieser Garage, in der wir gerade standen, war nochmals ein Raum gezimmert. So ähnlich wie ein Container. Dahinter gab es ein Treppenhaus und sie schrie was hinauf, woraufhin eine andere Frau hinab kam. Gekleidet in einem schrecklichen lila farbenden Samttrainer. Die beiden öffneten die Tür zum Container. Ich sah hinein. Es war nur ein einziges Bett drin, mit einem schrecklichen billigen kitschigen Blumenmusterbezug. Mein Bauch schrie noch lauter; „Lauf weg!“ Doch ich ignorierte ihn weiter. Ja, manchmal bin ich echt zu blöd für diese Welt, ich weiss! Dabei sollte ich doch wissen, dass mein Bauch immer Recht hat! Riley ging aufs Klo und dann ich. Als ich wieder raus kam, fand ich sie mit den beiden Frauen im Container. Eine davon machte gerade Facetime mit einem Typen und sorgte dafür, dass immer wieder Riley ins Bild kam. Dann beendete sie endlich den Anruf und ich wurde hinein gebeten. Die zweite Frau schloss die Tür hinter mir und wir standen in diesem engen Raum zu viert und es war wie im Film. Sie baten uns, uns auszuziehen. Machten wir natürlich. Anders wäre ja eine Massage sinnlos. Als sie unsere Taschen dann bei sich haben wollten, also zu unsren Füssen, haben wir uns etwas gewehrt. Nein, ich will meinen Bauchtasche bei mir beim Kopf haben. Von da an ging es mit der Stimmung bergab. Riley lag bereits halbnackt auf dem Bett und ich stand da nur in Unterhosen und kämpfte um meine Wertsachen. Die erste Frau diskutierte mit mir. Die zweite stand nur neben der Tür und machte ein Gesicht wie hundert Tage Regen. Irgendwann verschwand sie einfach. Ich stand da und wollte nun wirklich schnellstens verschwinden. Ich hatte keine Ahnung, ob sie wieder kam und wenn ja, ob sie den Typen von Facetime mitbrachte. Die erste Frau faselte irgendwas, dass es vorbei sei. Sie könne nicht zwei massieren und ich zog mich innerlich erleichtert aufseufzend rasch an. Die zweite hätte ihr Kind abholen müssen. Ich dachte nur, ja schon klar. Draussen sahen Riley und ich uns an und mussten dann lachen. Die ganze Stimmung, die ganze Szene war ja wie aus einem falschen Film. So surreal und strange. Wahrscheinlich wollten die uns beklauen und als sie merkten, dass das bei uns nicht ginge, war es dann vorbei mit den Nettigkeiten. Wir bogen auf eine grössere Strasse ein und liefen diese hinab.
Da entdeckten wir ein Spa, das einen sehr guten ersten Eindruck machte. Auf unsere Frage, ob sie noch Kapazitäten hätten, wurden wir angenehm empfangen. Riley nahm eine Massage, während ich mich für ein Body Scrub entschied. Auch hier wurden wir in ein Zimmer geführt, doch dieses hatte wenigstens zwei Betten. Aber nach dem letzten Erlebnis konnte ich mich einfach nicht entspannen. Die ganze Zeit schielte ich zu unseren Wertsachen. Es war einfach doof! Dabei hat sie es so ziemlich gut gemacht. Klar, ist es kein Schweizerstandart. Aber dennoch war es gut. Es war nur seltsam, dass sie mich am Ende zu einer Dusche führte, welche unter der Treppe in einem winzigen Kämmerchen war neben der Kloschüssel. Wir bezahlten und gaben anschliessend etwas Trinkgeld. Dann liefen wir gemütlich durch die Stadt zurück zum Hotel.
Als ich ins Hotelzimmer kam, sassen da Jenny und Olivia. Olivia ist Engländerin und hat einen Australier geheiratet. Sie haben sich auf diesem Trip ziemlich angefreundet und du siehst sie kaum alleine unterwegs. Als ich ihnen bei ihrem Tratschen zuhörte, erfuhr ich, dass Jenny mal einen Pornostar gedatet hat. Den haben wir natürlich gleich mal auf Instagram gesucht. Gott! Nee, der hat für mich zu viele Muskeln. Wir mussten dann aber doch alle lachen.
Seid ihr auch schon gespannt, wie es weiter geht? Dann schaut rein bei der nächsten Episode von: „Relchen’s Adventures“!