Ich hatte nachts erstaunlich warm. Die Decke war sehr gut und ich konnte mich schlaftechnisch ziemlich gut erholen. So bin ich heute nicht mehr allzu verschnupft. Dafür habe ich ein bisschen einen entzündeten Rachen und trockenen Husten. Bin mir jedoch sicher, dass der in ein paar Tagen auch weg ist. Schlafen hilft ja eh Wunder und da ich heute in einem Supermarkt ein paar Flachen von diesem tollen Eistee gekauft habe, habe ich heute sicher 1,5 Liter getrunken.
Das Frühstück mussten wir heute bezahlen, doch es war ganz okay. So hungrig war ich nämlich nicht. Wir haben dann unser Gepäck im Bus verstaut und sind zu Fuss durch das Gyantse. Das Fort auf dem Hügel ist leider für die Öffentlichkeit gesperrt, aber der alte Kern war auch so schon recht interessant. Wir sind dann ein bisschen den Hügel vom Fort hinauf und diesen entlang gelaufen. Und das war total eklig irgendwie. Alle paar Meter hast du Knochen gesehen und Tierteile. Unser Guide hat uns dann erklärt, dass es hier viele Wilde Hunde hat und diese zwar tagsüber recht easy drauf sind, aber nachts zu Bestien werden und dann auch mal ne Kuh holen. Ein paar von den Wilden Hunden konnten wir innerhalb der Fortmauern über uns ausmachen. Und die machten auch so schon keinen seriösen Eindruck. Vor allem als ich an einer jungen toten roten Katze vorbei kam. Da hatte ich so gar keinen Bock mehr auf diese Stadt und wollte eigentlich nur noch weg von diesem Ort. Mir war es ganz egal, wie imposant das Kloster auf dem gegenüber liegenden Hügel war, das von einer der Chinesischen ähnlichen Grossen Mauer umgeben war.
Wir gingen dann den Forthügel wieder hinunter durch die alte Stadt und durften dort eine Einheimische besuchen. Sie ist 69 Jahre alt und hat ihr ganzes Leben hier verbracht und wohnt mit ihren Brüdern im Haus. Und die war purer Zucker! Sie hat uns Butter Tea serviert und da war ich die einzige, die sogar zwei Becher trank. Alle anderen haben nicht mal einen geschafft, wenn sie überhaupt einen Schluck getrunken haben. Das fand ich echt schade. Denn die alte Frau hat sich so ins Zeug gelegt und uns sogar noch verschiedene Käsesachen aufgetischt und Brot und Yakbutter und sogar selbstgemachten lokalen Alkohol (Barley Wine). Beim einen Käse musste ich den Anfang machen, weil die anderen zu unsicher und zu skeptisch waren. Der war recht süsslich und sah aus wie ein Butterkringel und schmeckt überhaupt nicht nach Käse, wenn dann ganz minimal im Abgang. Aber schlussendlich hatten alle total Freude an ihr und viele Fotos gemacht und gelacht haben wir. Sie hatte sogar eine Handorgel im Wohnzimmer und die hat sich Keith geschnappt und angefangen zu spielen, während sie kam und sie noch putzen wollte. Wir haben ihr dann ziemlich was gespendet.
Anschliessend sind wir ins Kloster gelaufen und hatten da 30 min freie Hand. Ich wollte eigentlich zur Pagode, welche 21 Kapellen beherbergte. Ich musste mein Handy verstecken, weil die Mönche keine Kameras erlauben und wenn, dann musst du dafür bezahlen. Ich kam also zum Eingang der Pagode, grüsste die Mönche freundlich und lief in den ersten, frei zugänglichen Tempel. Ich sah mir die Buddhas an und ging dann in die linke Ecke. Da hörte ich es schnaufen und dachte, hier schläft doch ein Tier. Klingt fast, wie das Schnarchen von Wuschelkater. Ich lauschte und konnte jedoch nichts mehr hören. So drehte ich mich um und ging wieder aus dem Tempel hinaus. Da wollte ich gerade mich nach rechts wenden, um den Preis zu zahlen für den Aufstieg und die Fotos, als ich etwas zu meinen Füssen ausmachte. Ich blickte hinunter und sah da eine junge, braune, leicht getigerte Katze. «Hab ich also doch was gehört», sagte ich zu ihr und kniete mich hin, um sie zu streicheln. Sie war noch etwas unsicher, liess mich aber gewähren. Die Mönche nickten mir freundlich zu und zählten die Spenden. Ich war dann so mutig und hob das Kätzchen hoch zum schmusen. Es war immer noch etwas skeptisch, entspannte sich aber schon etwas mehr. Einer der jungen Mönche lachte und fand: «Take! Take! Go home!» Ich lachte ebenfalls und knuddelte die kleine nur noch mehr. Die anderen der Gruppe grinsten nur und gingen nach oben. Ich schnappte mir derweil einen der Stühle der Mönche, welche im Eingang standen, und setzte mich hin und knuddelte das Kätzchen. Das hatte sich mittlerweile schon sehr entspannt und schloss immer länger die Augen. Nur wenn ein paar Touristen kamen oder die Mönche vom Geld zählen aufstanden, öffnete es die Augen, lauschte und liess sich vom Kraulen dann wieder einlullen. Nach ein paar Minuten war es total entspannt, weggepennt und liess sich voll in meine Hände fallen. Es deutete sogar ein leichtes stämpfeln an. Ich konnte es ganz leise schnurren hören. Der junge Mönch versuchte mit seinem bisschen Englisch ein Gespräch mit mir. Wir brachten es mit Müh und Not zustande. Die anderen kamen von ihrem Rundgang wieder zurück und lachten, als sie mich sahen. War ja klar, dass ich von der Katze eingenommen war. Die einen fragten jedoch trotzdem, ob ich jetzt die ganze Zeit hier gewesen wäre und nicht hoch gegangen sei? Nope, ich gab Liebe und bekam welche. Sie sind dann los und haben den Ort weiter besichtigt. Ich sass auf meinem Stuhl und habe die Katze gestreichelt, die sich mal bewegt hat und ihr Schnäuzchen an meine Brust presste und total weg war. Es war einfach so seidig weich und flauschig und herzallerliebst. Und Traumaugen hatte es! Irgendwann kam der Guide und musste lachen als er mich sah. «Kann ich es behalten?», fragte ich und stand mit dem kleinen Flauscheball in den Armen auf. Das machte keinen Wank, so weggepennt war es. Er grinste. Ein paar vorbeikommende Touristen lachten. Der Guide meinte, dass ich nicht alle Katzen nach Hause nehmen könne. Das klang schon fast wie mein Ehemann. Imfall. Ich knuddelte das kleine nochmals ganz fest und setzte es dann behutsam auf den Stuhl, der von meinem fetten Hintern schön angewärmt war, damit es nicht grad einen Temperaturschock bekam. Das erwachte, total verpennt und begriff überhaupt nicht was los war und sah sich verwirrt um. Ich lief dann die Treppe runter zum Guide und sah mich dann nochmals um. Der junge Mönch lief zum Stuhl. Ich hatte schon Angst, dass er es jetzt verscheuchen würde, doch er nahm das Pfötchen und winkte mir damit zu. «Byebye», rief er und lachte. Ich lief weiter die Treppe runter und sah nochmals zurück, um mich vergewissern, dass er nett zu ihm war. Er liess es aber auf dem Stuhl und ging zu seinem zurück, um weiter die Spenden zu zählen. Ich war beruhigt und konnte nun dem Guide vollends folgen zu den anderen, die bereits bei unserem Führer standen und seinen Ausführungen über dieses Kloster folgten.
Ich folgte ihnen dann in das Gebäude hinein und stellte Fragen. Bei einer Vitrine schob ich meine Kopf durch die Öffnung und hob ihn an dessen Decke hoch, um mich von den grössten Schriften des Klosters segnen zu lassen. Dann stellte ich wieder Fragen, hörte zu. Bei einem Bücherregal sah ich auf dem Boden die mir bereits bekannten Spuren. Ich fragte nur kurz unseren Guide, ob ich richtig lag und kroch dann darunter durch, um mich auf von diesen alten Schriftrollen segnen zu lassen und von ihrer Weisheit was abzubekommen. Aber dieses Mal war es so tief, dass ich dem Guide sagte, dass muss wohl für Kinder sein. Ich habe dann auch tatsächlich eines erschreckt, das von seinem Vater dazu aufgefordert wurde, untendurch zu kriechen. Danach habe ich dem Guide und dem Führer viele Fragen über die Reinkarnation und die Seelen, hier sprechen sie eher vom Geist, und die verschiedenen Lamas gestellt. War wirklich sehr spannend.
Anschliessend gab es ziemlich spät Lunch und dann sind wir losgefahren und am späten Nachmittag in Shigatse angekommen. Ich habe mich im Zimmer verkrochen, viel getrunken und musste deswegen auch dauernd aufs Klo. Aber lieber so im Hotel, statt unterwegs. Da habe ich auch mal kurz die Hälfte vom neuen Buch gelesen. Dann haben wir uns in der Lobby fürs Dinner getroffen und sind kurz durch die Stadt gelaufen. Auf einem Platz vor dem Kloster hatte es ein paar Bronzestatuen und Matt machte natürlich wieder dauernd Blödsinn. Plötzlich rannte ein kleines Mädchen zu Keith und umarmte ihn, sie kam ihm jedoch gerade mal zu den Knien. Zuerst fanden wir es süss, doch wir haben schnell gemerkt, dass das eine Bettelmasche war. Beim Restaurant habe ich indisch bestellt. Ja, das erste Mal kein Yak und weil ich zu wenig Geld in diesem Portemonnaie dabei hatte, habe ich sogar das erste Mal seit Tagen keinen Honig-Ingwer-Zintronentee bestellt. Sondern einen Barley Wine aus der Dose. Als die anderen das mitbekommen haben, haben sie alle geschimpft und gemeint, sie hätten mir doch noch so gerne was geliehen und jetzt sei der Tee nicht mehr das selbe, sie hätten nun ein schlechtes Gewissen, vor allem, weil ich immer die war, die den Tee als Tibet Tradition eingeführt habe.
Danach sind wir wieder zurück gelaufen und haben wieder ein paar Lieder gesungen, obwohl die Britischen Jungs diesmal ihren Part vermasselt haben. Ich war schon in der Lobby und wollte Deb ein Foto zeigen, als die Britischen Jungs aufgeregt reinkommen und rufen: «Aurelia! Dort hat es ein kleines Kätzchen!» Ich lief natürlich sofort los und habe es gesucht. Dabei ist mir die ganz Zeit ein Hund nachgelaufen und dann haben sich die Kätzchen natürlich versteckt. Die andere haben dann den Hund verscheucht und so konnte ich dann doch zu dem kleinen schwarzen Knäuel. Es war eines von zweien mit einer wunderschönen Schildpatt als Mama, die dem Hund am Liebsten an die Gurgel wäre. Während die Jungs mit dem Guide eine rauchten und auf mich aufpassten, passte ich derweil auf das flauschige Trio auf und hatte ein paar Schockmomente, als die auf der Strasse sassen, unter einem Truck oder als wieder ein Hund kam und sie auseinander trieb.
Seid ihr auch schon gespannt, wie es weiter geht? Dann schaut rein bei der nächsten Episode von: „Relchen’s Adventures“!