Diese Nacht war einer der kältesten meines Lebens. Ich wachte zwar immer wieder auf und stellte dann die elektrische Heizmatte auf die mittlere Stufe, doch um 4 Uhr morgens, musste ich dennoch aufstehen, um aufs Klo zu gehen und weil es da so eisig war, stellte ich die Matte wieder hoch.
Weil am Abend zuvor darüber gewitzelt wurde, dass sie um 3 Uhr morgens aufstehen wollten, um den Everest zu sehen, schaute ich auch noch kurz auf die Strasse, aber da war natürlich niemand. Und den Everest konnte ich auch nicht sehen. Da es schwierig mit Wasser beim Camp war, habe ich einfach mit den Linsen geschlafen und das war die beste die Idee überhaupt!
Irgendwann fing dann ein Wecker an zu klingeln und hörte nicht mehr auf. Er weckte das halbe Camp. Ich habe schlaftrunken überlegt, ob ich vielleicht meinen Laptop angelassen hatte. Aber ich merkte, dass es dann von direkt neben meinem Zimmer kam. Es musste wohl einem Angestellten gehören, die dort im Gang ihre Schlafstätte aufgebaut hatten. Ich bin dann aufgestanden und zu den Jungs ins Zimmer, wo ich dann gemerkt habe, dass ich eine Stunde zu früh aufgestanden war. Toll. So bin ich wieder ins Zimmer und habe eine halbe Stunde rumgedurpt, bevor ich dann in die Teestube / Restaurant zu den anderen bin. Wir sind dann nach draussen und haben neben dem Shuttle gewartet, dass es abfährt und unseres kam. Währenddessen cremte ich Matt sein sonnenverbranntes Gesicht ein und mir meine Nase. Der krasse Wetter- und Temperaturwechsel von gestern war wirklich krass.
Wir hatten dann doch ziemlich Zeit und so habe ich diese genutzt und bin etwas Richtung Mount Everest gelaufen und hoffte, dass er sich vielleicht nochmals bei Tageslicht zeigen würde. Tat er natürlich nicht. Irgendwann hörte ich ein Pfeifen und als ich zum Shuttle zurück blickte, winkte mir eines der Mitglieder, worauf ich zurück lief. Anscheinend war das Shuttle doch unseres und hat nur gewartet, dass es voll wurde. Mein Gepäck war von den Mitgliedern bereits verstaut worden und so stieg ich ein und setzte mich neben einen Chinesen. Die Jungs sassen eine Reihe hinter mir auf der anderen Gangseite und machten Blödsinn, was sonst. Als das Shuttle abfuhr ertönte ein Pfeifen; die auf zwei Sitzen verstauten Rücksäcke, darunter auch meine liebe Lucille, drückten gegen ein Notausgangfenster, weswegen der Alarm andauernd losging, wenn sie es ein bisschen öffneten. Das war vielleicht so was von nervend. Matt hasste es auch und sang dann einfach irgendeinen Blödsinn, von wegen „mein Lieblingslied geht wieder los“. Keith schaute mich derweil an und sagte lautlos „hilf mir“. Matt blieb ungerührt und sagte ohne ihn anzusehen „ich kann dich trotzdem hören“. Weswegen wir wieder lachen mussten. Nach 30 min kamen wir am Parkplatz an und bestiegen sogleich unseren Bus. Jeder hatte mittlerweile seinen Platz. Ich auf der vordersten Reihe in der Mitte, wo ich die beste Sicht hatte und mir deswegen nicht so schnell schlecht wurde. Neben mir Deb, damit sie die Beine etwas hochlegen konnte. Wir waren von der Kälte her alle noch fest eingepackt, um warm zu haben. Schnell schliefen alle ein und so schaukelte nicht nur der Bus über die holprigen Strassen, sondern auch unsere schlafenden Köpfe hin und her.
Zum Mittagessen haben wir im Heimatdorf unseres Führers gehalten. Ich habe mir frittierte Bananen Momos gegönnt. Danach sind wir weiter durch die Hochebene und konnten immer wieder das Bergpanorama bestaunen. Bei einer Pinkelpause musste ich so dringend aufs Klo, dass es mir richtig egal war, wie scheusslich die Klos waren. Die anderen Mitglieder hatten sich immer noch nicht daran gewöhnt. Ich musste mich einfach weiterhin konzentrieren, überhaupt pinkeln zu können, wenn ich da so auf dem Boden kauerte und darauf achtete, dass ja nichts meiner Kleider mit dem Boden in Berührung kam. Unseren letzten Fotostop machten wir kurz vor der Bordertown bei einem wunderschönen Wasserfall, an dessen Seite ich gleich hochgeklettert bin. Ich war natürlich nachher total nass.
Schliesslich kamen wir in Bordertown an; unsere letzte Nacht in Tibet stand uns bevor und der letzte Abend mit unserem Guide. Er hatte keinen Pass und konnte somit das Land nicht verlassen. Ich ging ins Zimmer und stellte mich unter die Dusche. Das erste Mal heisses Wasser seit Tagen. Ich stöhnte wahrscheinlich so laut vor Wonne, dass man mich sicher bis in die Schweiz gehört hat! Danach bereitete ich das Täschchen mit dem Trinkgeld für den Guide vor, damit ich es nicht vergass und wollte hinunter in die Lobby zum Treffpunkt mit den anderen. Im Gang wartet die Deutsche auf mich und wollte mir da Geld geben. Ich seufzte innerlich genervt auf. War ja klar, dass sie auf den letzten Drücker kamen, aber ich war auch so schon wieder zu spät dran. Ich nahm sie mit ins Zimmer, was mich noch mehr nervte, weil ich ausnahmsweise ein leichtes Chaos hatte und liess sie unterschreiben. Dann gingen wir zu den anderen und unser Guide führte uns in ein kleines Restaurant um die Ecke. Dort durften wir in einem separaten Zimmer speisen im oberen Stock. Matt warf natürlich direkt ein Auge auf die Kellnerin und wir tadelten ihn umgehend und ermahnten ihn an sein Tattoo, welches er sich in Lhasa hatte stechen lassen: es war die bekannte Gebetszeile aus Tibet und ein Zeichen davon betraf „Desire“. Das wurde eigentlich seither immer unser Running Gag und ich zog ihn natürlich sehr gerne damit auf. Jeder durfte sein Moment der Reise sagen und wir bedankten uns und übergaben die Trinkgelder. Plötzlich tauchte ein Geburtstagskuchen auf und wir sangen auf Tibetisch Happy Birthday für Rob. Er bekam vom Guide, Fahrer und Führer jeweils einen weissen Schal um den Hals geknotet und Glückwünsche. Unser Guide hatte den Kuchen extra organisiert, weil er wusste, dass Rob am Montag Geburtstag hätte. Das war eine ganz schöne Geste.
Anschliessend sind die meisten schon ins Hotel zurück und nur der harte Kern blieb und ich bestellte nochmals ein paar Fläschchen von den Lokalen Alkoholsachen und füllte alle ab, während wir einfach plauderten. Sogar der Guide ist geblieben und hat etwas getrunken, was er ansonsten nicht gross machte. Ich habe dann ziemlich schnell gelernt, dass ich im angetrunken Zustand besser englisch kann als nüchtern. Die Jungs haben mich dann leicht angetrunken zum Hotel begleitet und ich wollte dann irgendwas nettes von Keith hören, weil ich plötzlich so Heimweh hatte. Er hat nur gelallt, weil sie selbst viel betrunkener waren als ich und meinte, er könne dies leider jetzt nicht mehr vollbringen. So sind wir alle in unsere Betten gefallen und ich habe auch diese Nacht vergessen die Linsen raus zu nehmen und bin eingepennt. Mitten in der Nacht wachte ich mal auf und merkte, dass ich auch in diesem Bett eine Heizmatte hatte und diese auf Hochtouren lief, doch ich war zu müde, als dass ich den Ausschaltknopf suchen konnte.
Seid ihr auch schon gespannt, wie es weiter geht? Dann schaut rein bei der nächsten Episode von: „Relchen’s Adventures“!